Interim Management

Interim Manager im Handel – Problemlöser in dynamischen Umfeldern. ReInvent Geschäftsführer Torsten Muth erklärt warum Interim Management eine bedeutende Rolle spielen kann bei der erfolgreichen Umsetzung einer Multichannel-Strategie im Retail.

Der Retail Markt bewegt sich. Alle wesentlichen Kennzahlen deuten darauf hin, dass der Trend der Konsumenten zum Einkauf über E-Commerce Plattformen ungebrochen ist. Dabei gibt es unterschiedliche Ausprägungen hinsichtlich des Umsatzanteils, der über den digitalen Verkaufskanal erzielt wird. Im Automotive After Sales Bereich liegt er derzeit noch bei deutlich unter 15%, während der Umsatzanteil im Fashion Bereich bereits auf deutlich über 35% Marktanteil kommt.

Umso verwunderlicher ist es, dass viele der alteingesessenen und ehemals sehr erfolgreichen Retail Unternehmen sich noch immer schwer tun eine unternehmensübergreifende Multichannel- / Hybrid-Strategie zu definieren und diese auch erfolgreich umzusetzen.

In den vergangenen Jahren hatte ich die Gelegenheit in unterschiedlichen Handelsunternehmen Interimsfunktionen wahrzunehmen, bei denen es darum ging die Wandlung von einem traditionellen Handelsunternehmen in ein Multi-Channel-Modell zu initiieren und durch den Prozess der Digitalen Transformation zu begleiten.

Die Retail Branchen waren dabei unterschiedlich; von Consumer Electronics, über den Werkzeug / Baumarkt bis hin zu Automotive After Sales. Erschwerend kam hinzu, dass eines der Unternehmen vor der drohenden Insolvenz stand, Handlung also dringend geboten war.

Die zu lösenden Problemstellungen waren dabei immer sehr ähnlich gelagert.

Gründe für schleppende Transformation im Handel

  1. Fehlende Kompetenz
  2. Angst vor einem tiefgreifenden Wandel der Organisation und Prozesse
  3. Verharrungsvermögen einer langen gelebten Kultur und Einstellungen des operativen Managements

Zur Lösung dieser Problematiken kommen die Vorteile des Einsatzes eines Interims Manager voll zum Tragen.

Warum sich der Einsatz eines Interim Manager im Handel lohnt

Schnelle Entscheidungen

Der Interim Manager kommt oft in prekären Situationen zum Einsatz. Man ist dann von Beginn gefordert, als wäre man schon länger dabei. Man hat keine Zeit, sich umzusehen oder einzurichten. Die meisten Unternehmen wollen nach wenigen Wochen Ergebnisse sehen. Der Interim Manager muss also von Anfang an Entscheidungen treffen. Gerade im Handel wo sich tagtäglich neue Situationen ergeben und Entscheidungsschnelligkeit von hoher Bedeutung ist hat man keine Zeit, lange zu evaluieren. Eine kalkulierbare Risikobereitschaft geht damit also automatisch einher.

Kompetenz durch externes Know-how

Wenn sich die Geschäftsleitung einmal grundsätzlich dazu durchgerungen hat das Thema Multikanal aufzugreifen und zu implementieren stellt sich in der Regel schnell heraus, dass es intern niemanden bzw. zu wenige Experten mit entsprechender Erfahrung gibt, eine solche Veränderung anhand der notwendigen Marktgegebenheiten zu implementieren.

Die vorhandenen Topkräfte sind entweder anderweitig beschäftigt oder haben schlichtweg basierend auf Ihrer Historie im Unternehmen die falsche Brille auf. Eine Festanstellung für diese Funktion ist zunächst noch problematisch, da niemand genau weiß wie tiefgreifend der Wandel sein wird. Gerade deshalb ist die Gestaltung einer genauen Stellenbeschreibung auch relativ schwer umzusetzen. Entsprechend überlegen sich viele potentielle Topshot Kandidaten zweimal eine sichere Position gegenüber einer solchen risikobehafteten Position einzutauschen.

Oftmals sind in Deutschland Handelsunternehmen auch nicht in den Ballungszentren beheimatet, was es extra schwierig macht eine Position langfristig mit einem Top Kandidaten aus der Online Welt zu besetzen. Diese halten sich für gewöhnlich in und um Berlin, Hamburg, München oder Köln auf.

Ein Interim Manager bringt in der Regel alles mit, was es für diese Phase des Aufbaus einer Multichannel Lösung gibt. Er ist ortsungebunden, hat bereits an anderer Stelle ähnliche Aufgaben gemeistert und wird bei der Suche nach einem langfristigen Kandidaten oder der Schulung vorhandener Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung sein.

Skills in unterschiedlichen Funktionsbereichen

Die Implementierung eines Multichannel Ansatzes beschränkt sich anders als es viele zunächst denken, nicht auf den E-Commerce Bereich. Multichannel fängt beim Category Management an und hört bei der Logistik und Retouren Abwicklung auf.  Unabhängig davon, wo – online oder offline – der Kunden den Kaufabschluss getätigt hat. Mit anderen Worten, bei der Einführung einer Multichannel-Strategie ist das gesamte Unternehmen betroffen.

Von besonderer Bedeutung ist beispielsweise die Frage, wie das Category Management / der Einkauf gehandhabt werden soll. Sollten die Einkäufer für die Filialen auch den Einkauf für den Bereich E-Commerce übernehmen? Oder soll der E-Commerce Bereich als komplett eigenständiges Profitcenter geführt werden, bei dem insbesondere der BackOffice Bereich komplett getrennt von den anderen operativen Bereichen geführt wird?

Change-Management ohne persönliche Agenda

In jedem der Unternehmen, in denen ich Mandate übernommen habe gab es zu dieser Fragestellung sehr ausgeprägte, in der Regel sehr abweichende Auffassungen der unterschiedlichen Bereichsverantwortlichen. Als Interim Manager hat man den großen Vorteil keine persönliche Historie mit sich herumzutragen und auch nicht auf seinen eigenen persönlichen Vorteil hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung bedacht zu sein. Wenn es also darum geht signifikante Prozess- und aufbauorganisatorische Veränderungen anzustoßen, wird der Interim Manager immer als neutrale Instanz wahrgenommen. Er hat damit beste Voraussetzungen Prozesse und Organisation im Sinne des Unternehmens und nicht im Sinne einzelner Interessensgruppen zu gestalten.

Bewegung in die Köpfe der Mitarbeiter bringen

Insbesondere in gewachsenen, tradierten Unternehmen gibt es Skeptiker, die auch heute noch der Meinung sind, dass die digitalen Absatzkanäle dem Unternehmen kein Zusatzgeschäft einbringen. Diese Haltung lässt sich in der Regel sehr schnell widerlegen. Dies geschieht mittels einer kleinen Onsite Kundenbefragung und der Berechnung einiger spezifischer Kennzahlen, welche die User Journey von einer Onlineplattform in eine Filiale darstellt. Die Zahlen sind in der Regel in jedem Controlling vorhanden, werden oftmals allerdings nicht entsprechend analysiert und interpretiert.

Schnelle Fehlererkennung

Als Interimsmanager ist man freier und unabhängiger. Man betrachtet Projekte aus einem anderen Blickwinkel als jemand, der schon jahrelang daran arbeitet. Dabei fallen auch schnell Fehlstellungen im Projekt oder der Organisationsstruktur auf. Manche Strukturen behindern die erfolgreiche Umsetzung von Projekten. Es gilt, den Erfolg sicherzustellen und dabei gegebenenfalls auch eingefahrene Rituale zu kappen.

Was sind die größten Herausforderungen einer Rolle als Interim Manager im Handel?

Im Handel muss man damit klarkommen, dass sich alles schnell verändert und dass es keine Sicherheit darüber gibt, wie sich die nächsten Monate – auch durch externe Faktoren getrieben – entwickeln.

Gerade die typischen aktuellen Aufgabenstellungen wie beispielsweise der Einführung einer Multichannel-Strategie sind immer komplex und nie gleich. Externes Know-how kann dabei von entscheidender Bedeutung sein, insbesondere wenn es sich um operative Unterstützung und nicht nur theoretische Beratung handelt.

Ein Interim Manager im Handel kann eine entscheidende Funktion einnehmen, in der erfolgreichen Transformation von einem traditionellen Handelsunternehmen in ein Multi-Channel-Modell.